TAGUNG
Florenz als Forum und Fluchtpunkt.
Austausch zwischen Deutschland und Italien vom langen 19. Jahrhundert bis zur Besetzung durch Nazideutschland
Dazu veranstaltet das Italienforum der Rhein-Main-Universitäten in Zusammenarbeit mit dem Evenari-Forum für deutsch-jüdische Geschichte an der TU Darmstadt eine Tagung
Zeit: Samstag, 7.12.2024, Beginn: 11:30 Uhr
Ort: TU Darmstadt, Residenzschloss 1, 64283 Darmstadt
Programm: Während des „langen 19. Jahrhunderts“ (Hobsbawm) entwickelte sich in Florenz eine einzigartige Konstellation aus deutschen Wissenschaftlern, Gelehrten, Schriftstellern, Journalisten, Unternehmern und bildenden Künstlern. Sie spielten eine große Rolle für die wechselseitige Vermittlung von nord- und südalpinen kulturellen, politischen und sozialen Ideen, besonders in den Jahren um Vor- und Nachmärz sowie Risorgimento und Gründerzeit. Diese Phase intensiven Austauschs erfuhr durch die Zäsur des Ersten Weltkriegs eine tiefgreifende Transformation. Doch umfasst die Geschichte der besonderen deutsch-florentinischen Beziehungen auch das 20. Jahrhundert. Ihr zeitlicher Rahmen reicht also von den Anfängen im Salon der Gräfin Albany Stolberg und des Dichters Alfieri über Aby und Mary Warburg und Rilke bis hin zu Max Krell und Hilde Domin.
Zu den prominentesten Vertretern dieser Konstellation gehörten außerdem die Varnhagen-Nichte Ludmilla Assing, der ehemalige 1848er-Revolutionär Karl Hillebrand, der jüdische Journalist Heinrich Homberger, der Bildhauer Adolf von Hildebrand und die Schriftstellerin Isolde Kurz. Sie alle schätzten den freien Geist und die liberale Tradition der Stadt am Arno.
Von diesen Deutsch-Florentinern oder Florentiner Deutschen, wie Davidsohn sie nannte, die zwischen 1860 und 1880 besonders zahlreich waren, führten vielfältige Verbindungslinien sowohl in die italienische, von Risorgimento und Postrisorgimento geprägte Gesellschaft als auch über die Alpen, wo der italienische Einigungsprozess durchaus Interesse und nicht selten Bewunderung erweckte.
In der schwierigen Zwischenkriegszeit, unter den Bedingungen von Wirtschaftskrise und erstarkendem Faschismus und Nationalsozialismus, wurden Florenz und die Toskana erneut zum Fluchtpunkt vor allem für deutsch-jüdische Intellektuelle. Nach 1933 kreuzten sich hier die Wege dieser ebenfalls oft aus gegensätzlichen politischen Lagern stammenden Exilanten, etwa im uralten Palast Torre di Bellosguardo bei Marion von Hornstein-Franchetti, einer schwäbischen Adligen und Witwe eines Rothschild-Sohns. Viele Kinder der Emigranten wurden durch den Besuch des deutschen Landschulheims in Fiesole und Florenz (1933-1938) unter der Leitung von Werner Peiser und Moritz Goldstein geprägt.
Die Tagesplanung am Samstag, 7. Dezember 2024
11:30 Uhr: Empfang der Gäste
12:00 Uhr: Begrüßung und Einführung durch ROTRAUT FISCHER und GERRIT J. SCHENK
12:30 Uhr: ANNA MARIA VOCI (Rom): Karl Hillebrand, Pasquale Villari und die soziale Frage in Italien
13:30 Uhr: MARTIN BAUMEISTER (Rom/München): Robert Davidsohn: Florenz als Lebenswerk und Lebensform
14:30 Uhr: Pause
15:00 Uhr: VOLKHARDT HUTH (Bensheim/Darmstadt): Emigration in die Wahlheimat. Werk und Schicksal Alfred Neumanns auf dem ‚Fiesolaner Hügel‘
16:00 Uhr: FEDERICA ROCCHI (Perugia): Georg Strauss: Notizen eines ‚ahasverischen‘ Wanderers in Florenz
17:00 Uhr: Pause
17:30 Uhr: KATHARINA HÜLS-VALENTI (Venedig/ Mainz): Jüdische Kunstsammler in Florenz an der Schnittstelle von verfolgungsbedingtem Kulturgütertransfer und nationalsozialistischem Kunsthandel
18:30 Uhr: Schlussdiskussion
19:30 Uhr: Gemeinsames Abendessen